„Das wird Rock’n’Roll“: Münsterplatz als Konzertlocation, Fragezeichen beim Lärm Musik | 02.11.2022 | Till Neumann

Münsterplatz

Rockstars und Elektroacts – live auf dem Münsterplatz. Das gibt’s in Freiburg erstmals im Sommer 23. Laut dem Veranstalterkollektiv Freiburg Live ist die Planung gesichert. Größter Knackpunkt war die Einigung mit der betroffenen Gastronomie. „Es hat geknirscht“, sagt Bela Gurath. Doch der Kompromiss scheint geglückt – mit bis zu fünfstelligen Entschädigungen. Ein dickes Fragezeichen gibt es noch beim Lärm.

„Provokantes Konzept an Horn“

Bela Gurath

Kann der Münsterplatz Großevents? Ja, findet ein breites Veranstalterkollektiv. Bis zu 6000 Leute pro Event sollen vom 14. bis 18. Juni 2023 dort nationale und internationale Musikstars zu sehen bekommen. Mitinitiator ist Sea-You-Chef Bela Gurath: „Ich habe in Corona-Zeiten ein provokantes Konzept an Martin Horn geschickt.“ Er habe geschrieben: „Ihr wollt eine lebendige Innenstadt, dann müsst ihr neue Formate kreieren.“

Gurath ist überzeugt: „Den Kampf gegen das Internet kann man nicht gewinnen.“ Es brauche persönliche Begegnungen und Emotionen. Die Menschen sollen, so Gurath, Musik spüren, ihren Freund oder Kumpel in den Arm nehmen. „Das kannst du nicht im Internet.“ Sein Appell an die Stadt: Holt diese Formate endlich rein. In Städten wie Rastatt, Stuttgart oder Emmendingen funktioniere es. Gurath: „Überall geht es, aber in Freiburg geht nichts?“

„Aber keinen interessiert’s“

Das Bündnis Freiburg Live setzt sich zusammen aus: Albert Konzerte, Freiburger Barockorchester, Freiburg Festival, Jazzhaus Freiburg, Karoevents, Mack Event, Sea You Freiburg sowie Vaddi Concerts. Mit breiter Brust können die Veranstalter so an andere Akteure herantreten.

Für Gurath ist das Reboot Festival ein „Paradebeispiel“, wie man es nicht machen sollte. Es stieg mit vielen lokalen Acts im Sommer mit 90.000 Euro an Zuschüssen. Doch es lockte zu wenig Zuschauer an. Der Veranstalter Multicore steht mit einem Minus von 30.000 Euro vor dem Aus. Guraths Fazit: „Das kostet viel Geld, aber keinen interessiert’s.“

Bis zu 6000 Plätze

Die Münsterplatzkonzerte planen nun das ganz große Kino: An fünf Tagen soll auf der Südseite des Münsters ein Highlight das nächste jagen, der Ort so aus dem Dornröschenschlaf erwachen. Bei drei Rock-Pop-Elektro-Events werden 6000 Stehplätze geboten. Welche Acts auflaufen, ist noch unter Verschluss. Das chilli weiß nur: Weder Herbert Grönemeyer noch Coldplay sind dabei. Update am 17.11.22: Peter Maffay ist als erster Act für den 16.6.23 bestätigt.

„Jeder findet die Idee gut“, betont Gurath. Doch die Gastronomen am Münsterplatz forderten Entschädigungen. Schließlich sollen für die drei unbestuhlten Events 75 Prozent der Freisitzflächen zurückgebaut werden. „Wir unterstützen die Sache“, sagt Toni Schlegel vom Ganter Brauereiausschank. Er finde die Konzerte „sehr bereichernd für die Innenstadt“. Als Gastronom müsse er den Betrieb jedoch weitgehend einstellen. Dafür brauche es eine Einigung.

Eigentlich beschaulich: Der Münsterplatz bei der „Alten Wache“ lockt nicht nur Touristen an.

Mit dem Segen der Kirche

„Den Veranstaltern war nicht bewusst, welchen Schaden wir haben, mitten in der Hochsaison“, betont Schlegel. Da müsse der schwache Winter aufgeholt werden. „Es hat geknirscht“, bestätigt Gurath. In einem sehr ungewöhnlichen Schritt habe jeder Betrieb daher seine Umsatzzahlen auf den Tisch gelegt, berichtet Schlegel. Die Entschädigung belaufe sich nun pro Betrieb auf vier bis fünfstellige Beträge. „Es ist eine gute Vereinbarung“, sagt Schlegel. Alle hätten Kompromisse gemacht und seien nun d’accord.

Den Segen für die Events gibt es auch von der Katholischen Kirche. Dompfarrer und Stadtdekan Alexander Halter hat dem Vorhaben zugestimmt, genau wie der Gemeinderat. Auch Stadtmarketing-Chefin Hanna Böhme ist angetan: „Das sind tolle, neue Gelegenheiten, um Gäste und Einwohner zu einem Besuch in der Freiburger Innenstadt anzuregen.“ Das Konzept habe das Potenzial einer Ausstrahlungskraft weit über Freiburg hinaus.

„Eine andere Lärmqualtität“

Bedenken bleiben jedoch in Sachen Lärm: „Events im Mega-Format innerhalb der Stadt Freiburg gehen massiv auf Kosten der Bürger und deren Gesundheit“, schreibt ein Kritiker im Leserbrief an die Badische Zeitung. In einer Vorlage des Rathauses für den Gemeinderat heißt es: „Zu Veranstaltungen auf dem Münsterplatz gab es in der Vergangenheit keine nennenswerte Beschwerdelage.“ Es sei aber darauf hinzuweisen, dass die Münsterplatzkonzerte „eine andere Lärmqualität haben“ als beispielsweise das Weinfest oder das SWR-Klassik-Konzert. Es könne daher nicht abschließend prognostiziert werden, wie die Emissionen subjektiv von Anwohnenden wahrgenommen werden.

Christoph Römmler

Mitveranstalter Christian Römmler von Karoevents macht sich keine Sorgen: „Das ist nur ein ganz kleiner Zeitrahmen.“ Die Konzerte seien für eine breite Öffentlichkeit und füllten eine Lücke in Freiburg. Eigentlich habe Freiburg Live bis 23 Uhr veranstalten wollen, sich jedoch auf 22 Uhr geeinigt. Auf Spektakel soll dabei nicht verzichtet werden: „Wir machen keine Flüsterkonzerte, das wird Rock’n’Roll.“ Und das für mindestens drei Jahre. Nach dem Testballon 2023 soll es 2024 und 2025 weitergehen.

Fotos: © Till Neumann & karoEvents