Tanzbare Gesellschaftskritik – Die Band Weltbildhauer:innen will was anstoßen Musik | 29.02.2024 | Till Neumann

Streiten höchstens über Spezi: Jona Fichtmüller (von links), Miriam Hinze, Dominik Faitsch und Linus Samson. Ihr Debütalbum „Laut und Freundlich“ erscheint im März (Cover siehe Mitte).

Sie sind wohl Freiburgs erste Band mit Genderdoppelpunkt in Namen. Und das hat nicht nur mit ihrer Besetzung zu tun. Die Weltbildhauer:innen stehen vor dem Release ihres Debütalbums – und wollen mit einem „leckeren Funky-Indie-Genremix-Smoothie“ die Welt ein bisschen besser machen.

„Ich denke also spinn ich“ singt Bandleader Dominik Faitsch. Er möchte damit in Worte fassen, was so manch einen quälen dürfte: Das Gefühl, nicht hinterherzukommen, im Alltagstrubel unterzugehen. „Nie Genug“ heißt der Song mit dieser Zeile. Und er zeigt, für was die vierköpfige Band steht: Songs zu gesellschaftlichen Themen, mal entspannt melancholisch, mal nach vorne gehend und tanzbar.

Die Weltbildhauer:innen machen keinen Hehl draus: „Das sind Weltverbesserer-Texte“, sagt Faitsch. Mal geht es um Vielfalt, mal um Gendergerechtigkeit, mal um die Psyche wie in „Nie Genug“. Der 27-jährige Bandgründer setzt damit um, was er schon immer feierte, und sieht darin eine große Stärke der Gruppe: „Wir singen über Themen, die was anstoßen sollen oder Mut machen in gewisse Richtungen.“

Die Wiege der Kombo ist die Pädagogische Hochschule Freiburg. Dort kamen die vier Mitstreiter·innen 2021 während des Musikstudiums zusammen – angetrieben vom damaligen Singer-Songwriter Faitsch mit seiner Vision, aus seinem Soloprojekt eine Band zu formen. „Ein cooles Sammelbecken für engagierte Musiker·innen“, nennt der Student das Musikinstitut der PH. „Ich wollte mehr Dynamik, mehr musikalische Farben – und dann kam eins zum anderen.“ Zu ihm gesellten sich Miriam Hinze (Posaune), Linus Samson (Schlagzeug) und Jona Fichtmüller am Bass.

„Das ist so geil, da geht doch was“

Erst setzten sie seine Songs gemeinsam um. Dann kamen neue Kompositionen dazu. Das Projekt nahm schnell Drive auf, berichtet Faitsch beim Interview in seiner WG am „Bermuda-Dreieck“ der Stadt. „Wir hatten immer das Glück, dass gerade unsere Liveauftritte gut angekommen sind“, erzählt er auf der Küchencouch. Das Feedback sei gewesen: „Das ist so geil, da geht doch was.“ Das habe ihnen gezeigt, dass ihre Musik Menschen berührt. Und daher wollen sie es jetzt wissen: Wie viele erreichen wir denn wirklich?

Um das herauszufinden, setzt die Band auf ein Album. Es erscheint in Eigenregie am 1. März und heißt „Laut und freundlich“. Es genretechnisch einzusortieren, wird schwierig. Daher haben sich die vier auf die unverblümte Beschreibung „leckerer Funky-Indie-Genremix-Smoothie“ geeinigt. Tanzbare Gesellschaftskritik nennt Faitsch das Ganze. Und ergänzt: „Auf einem positiven Level“. Nett zu bleiben ist den Musiker·innen so wichtig, dass es „freundlich“ in den Albumtitel geschafft hat.

Die Musik der Band sieht Faitsch als herzliche Einladung, sich selbst zu reflektieren. „Komm doch mit und hör’s dir an, vielleicht magst du ja drüber nachdenken.“ Posaunistin Miriam „Mimi“ Hinze traut ihrer Band jedenfalls so einiges zu: „Wenn wir uns da alle richtig reinhängen, könnten wir auch richtig steil gehen.“ Die Resonanz sei krass. So langsam fange sie an, den vielen Stimmen zu glauben, die meinen, sie könnten groß rauskommen.

Lautundfreundlich

Für die 26-jährige Studentin hat die Gruppe so einige Dinge, die sie besonders machen. „Die Liste ist lang“, sagt Hinze und zählt auf: eine Posaune als einziges Melodieinstrument, drei- oder vierstimmiger Gesang, clevere Messages zum Lachen, Weinen oder Wütendsein … „Last but not least feier ich es, dass wir uns gegenseitig so feiern.“ Das komme beim Publikum an und das finde sie besonders schön.

Dass es bei der Gruppe harmonisch zugeht, ist offenbar: Auf die Frage, über was die vier so streiten, antwortet Dominik Faitsch: „Wer die letzte Spezi vom Catering bekommt.“

Etwa 15 Shows hat die Gruppe im vergangenen Jahr gespielt. Als vollen Erfolg verbuchen sie das. Und organisieren derzeit die nächste Tournee. Das Releasekonzert zum Album steigt am 3. März im Kuca, dem Kulturcafé der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Und für den Sommer hoffen sie auf einen Slot beim ZMF.

Der Traum wäre dann, im nächsten Schritt deutschlandweit Fuß zu fassen. Die Bereitschaft, bei einer größeren Anfrage das Studium zu pausieren, wäre auch da, sagt Faitsch. Aber dazu muss zuallererst das Album einschlagen. Der Bandleader nennt es so: All Eyes on mehr Reichweite.“ Das mit der Spezi beim Catering wäre in größeren Locations dann wohl auch das am einfachsten zu lösende Problem.

Fotos: © Weltbildhauer:innen