Neues Bürokratiemonster: Eckpunkte für Grundsteuerreform sind gesetzt Bauen & Wohnen | 16.02.2019 | Lars Bargmann

Sechsunddreißig Millionen. So viele Grundstücke müssen bei der Veranlagung der deutschen Grundsteuer neu berechnet werden. Erzwungen hat das das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr, indem es die völlig veralteten Bemessungsgrundlagen – im Osten aus 1935, im Westen aus 1964 – für grundgesetzwidrig erklärt hat.

Am 1. Februar haben sich Bund und Länder beim Spitzen-Ministertreffen in Berlin nun auf einen ersten Kompromiss geeinigt: Die Eckpunkte der Grundsteuerreform sehen vor, dass bei der Berechnung der Wert der Grundstücke, das Alter der Gebäude und auch die faktischen Nettomieten zugrunde gelegt werden sollen.

Die Kommunen verdienen mit der Abgabe bundesweit jährlich rund 14 Milliarden Euro. Das soll sich, so Bundesfinanzminister Olaf Scholz, auch gar nicht ändern. Der Kompromiss sei „sozial gerecht“. Unter den Eigentümern aber wird es Gewinner und Verlierer geben. Auf beiden Seiten Millionen.

Aus den Eckpunkten soll bis spätestens Ende des Jahres ein Gesetzentwurf gestrickt werden. Dem müssen die Länder zustimmen. Im Prinzip sollen die Grundsteuern sich mehr am Wert der Immobilien orientieren und nicht – wie etwa von Bayern gefordert – an der Fläche. Das aber bedeutet, dass die Abgabe in Ballungsräumen wie Freiburg, wo die Immobilienwerte und Mieten seit Jahren stark steigen, zu noch teureren Mieten führen wird. Weil die Eigentümer die Steuer bei der Nebenkostenabrechnung an die Mieter weitergeben können. Freiburg wird also eher auf der Verliererseite stehen.

Wer das alles erheben und dann die Bescheide verschicken soll? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte im Vorfeld schon mal erklärt, er müsse 3400 Steuerbeamte einstellen. Wenn das Steueraufkommen wirklich unterm Strich gleich bleiben soll: Wer bezahlt das neue Bürokratiemonster? Nicht umsonst hat der Bund deutscher Steuerzahler den Kompromiss zügig kritisiert.

„Ausgangspunkt für die Bewertung von Grund und Boden sind die Bodenrichtwerte“, zitiert die dpa aus dem Eckpunktepapier. Diese müssen nicht Stück für Stück erhoben werden, sondern sind weitestgehend bekannt. Wer aber wann und wie in den Immobilien auf 36 Millionen Grundstücken in welchen zeitlichen Abständen die faktischen Mieten ermittelt, ist völlig unbekannt. Und wie eigengenutzte Wohnungen und Häuser bemessen werden, ist nur eine weitere Frage. Dass sich ein neuer Tummelplatz für Anwälte auftut, ist hingegen kaum in Frage zu stellen.

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