Politik wird zum Risiko – IHK und WVIB mit trüben Konjunkturumfragen business im Breisgau | 06.12.2024 | Lars Bargmann
Alwin Wagner: „Kein Licht am Ende des Tunnels.“Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) und der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen in Baden (WVIB) haben ihre Konjunkturumfragen für die ersten neun Monate des Jahres vorgestellt. Ergebnis: Stimmung schlecht, Aussichten trübe, harsche Kritik an der Wirtschaftspolitik.
„Wir sehen kein Licht am Ende des Tunnels“, sagte der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Alwin Wagner. Erstmals seit Herbst 2020, der noch ganz im Zeichen der Covid-19-Pandemie stand, haben nun mehr Unternehmen angegeben, eine schlechte Geschäftslage (27 Prozent) als eine gute (21 Prozent) zu haben.
Nur noch 22 Prozent planen, die Investitionen am Standort auszuweiten, während 36 Prozent solche zurückfahren wollen. „Es gibt keine Aufbruchsstimmung. Seit fünf Jahren springt die Wirtschaft nicht mehr so richtig an, es geht im Zickzackkurs nach unten“, sagte Wagner. Die Angaben zur aktuellen Geschäftslage und den Geschäftserwartungen werden zum IHK-Konjunkturklimaindex kombiniert. Werte über 100 zeigen Wachstum an, Werte unter 100 deuten auf eine Rezession hin. Der Index verliert acht Punkte und liegt nun bei 94 Punkten – der tiefste Stand seit zwei Jahren.
Die größten Belastungsfaktoren? Für zwei Drittel der Betriebe ist es die schwache Inlandsnachfrage – der höchste Wert seit 2011. 42 Prozent sehen mittlerweile aber auch in der Wirtschaftspolitik ein Risiko fürs eigene Unternehmen. Noch nie in den vergangenen 13 Jahren seien so viele Unternehmen unzufrieden mit der
Politik gewesen.
Besonders die zu hohe Bürokratiebelastung (Bauvorschriften, Berichtspflichten, Datenschutz, Lieferkettengesetz) wird kritisiert, aber auch die fehlende Verlässlichkeit etwa bei Fördermaßnahmen. „Das alles darf einen Standort wie Deutschland nicht kennzeichnen, wo die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen ein wesentliches Merkmal sein müsste“, so Wagner. Wegen der Bundestagswahl sei zudem die Gefahr groß, „dass wir ein weiteres Jahr dabei verlieren, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes wieder zu verbessern und damit den Transformationsprozess der Wirtschaft zu unterstützen.“
„Wir sind noch immer mitten in der Krise“, fasste auch WVIB-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer die Ergebnisse seiner Umfrage zusammen. Die Betriebe hätten im Schnitt ein Umsatzminus von 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gemeldet. Und nur 16,7 Prozent rechnen in den nächsten sechs Monaten mit steigenden Umsätzen. Ende Juni waren es noch 23,2 Prozent. 38,2 Prozent rechnen mit weiteren Umsatzrückgängen.
Der WVIB-Geschäftsklimaindex (Saldo aus aktueller Geschäftslage und Geschäftserwartung) liegt derzeit bei minus 29 Punkten. In der Umfrage vor einem Jahr lag er mit 3 Punkten noch knapp im Plus. Auch beim Frühindikator Auftragseingang schlägt sich die Krise deutlich nieder. In den vergangenen neun Monaten ist der Auftragseingang in den Unternehmen um 3,67 Prozent zurückgegangen. Nur noch 15,7 Prozent der Unternehmen rechnen mit mehr Auftragseingängen. Vor drei Monaten waren es 19,9 Prozent.
„Politischer Schlingerkurs und halbherziges Herumdoktern an Symptomen verspielen Vertrauen, sorgen für Verunsicherung und Ärger“, kritisierte Münzer. Wenn Deutschland wieder auf Wachstumskurs kommen soll, müssten die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln deutlich verbessert werden. Daran sollte die Ampel arbeiten, statt „planwirtschaftlichen Träumen nachzuhängen“. Die schuldenfinanzierte Investitionsprämie von Robert Habeck würde die Situation verschlechtern.
In die gleiche Kerbe schlägt WVIB-Präsident Bert Sutter: „Habeck verkauft teuren Aktionismus und persönliche Inszenierung als zukunftsgerichtete Ursachenbekämpfung. Klüger ist es, wenn wir das Geld gar nicht erst bei den Unternehmen und Steuerzahlern der Zukunft einsammeln, dann müssen wir auch keine Heerscharen von Beamten mit der Verteilung von Investitionsprämien beschäftigen.“