Aus Meisterhand – Schwarzwälder Handwerker im Porträt Land & Leute | 17.01.2022 | Lust auf REGIO

Schmuckmacher

Von der Schäppelmacherin über den Maskenschnitzer bis zum Zapfenpflücker – Astrid Lehmann hat sie alle getroffen, fotografiert und porträtiert. 25 dieser alten Berufe, die untrennbar mit der REGIO verbunden sind, stellt die französische Schwarzwälderin nun in ihrem neuesten Buch vor.

Susanne Ender Spinnerin

Spinnerin Spinnt wolle

25 Schafe und 24 Lämmer leben auf Susanne und Klaus Enders Schwarzwaldhof in Furtwangen. Bei so vielen Schafen fallen Berge von Haaren an, ein Verkauf des natürlichen Rohstoffs lohnt sich heute nicht mehr. Was tun mit all der kostbaren Rohwolle? Susanne Ender hat sich kurzerhand entschlossen, die Wolle selbst in die Hand zu nehmen und zu spinnen.

Zuvor sind etliche Schritte notwendig: Das Wollvlies wird in Wannen eingeweicht, mit Soda gewaschen, getrocknet und dann mit dem Wollwolf (Bild) aufgelockert. Die flockigen Wollbausche werden dann kardiert, also gleichmäßig gekämmt, um weiche Wollbahnen zu erzeugen, die dann auf eine große Holzwalze aufgerollt werden. Diese Wolle nutzt Ender dann nicht nur zum Spinnen, sondern webt auch wunderschöne Bänder, ganz nach Schwarzwälder Tradition, und filzt Gebrauchsgegenstände wie Hüte, Hausschuhe oder Taschen.
susanne_ender@web.de

 

Willi Kneißler Messerschmied

Messerschmied

Seit 1875 gibt es die Messerschmiede in Zell am Harmersbach im Kinzigtal. Bereits in fünfter Generation stellt Willi Kneißler hier hochwertige Messer her und schleift Schneidewerkzeuge aller Art. Früher gab es in jeder größeren Ortschaft einen Messerschmied, heute sind die Meister in diesem Fach eine ganz große Seltenheit. Gerade mal acht Mitglieder zählt die Innung der Messerschmiede in Baden-
Württemberg, und die Zukunft steht auf Messers Schneide.

Auch in Zell am Harmersbach hat sich der Beruf gewandelt. Die Esse steht nach wie vor in einer Ecke der Werkstatt, das Schmiedefeuer wird aber nur noch selten angefacht. Der heutige Messerschmied bezieht meistens Rohlinge, die er mit Expertise weiterverarbeitet. Trotzdem sind mehr als 100 Arbeitsschritte nötig, um ein Messer herzustellen.

www.kneissler-messer.de

 

Martina Kraus Gold- und Silberschmiedin

Gold und Silberschmiedin

Von der grazilen Blüte der Schlüsselblume bis zur stacheligen Zartheit der Brennnessel – Martina Kraus verschmilzt das kunstvolle Handwerk der Gold- und Silberschmiedin mit ihrer Leidenschaft zur heimischen Pflanzenwelt. Besondere Freude bereitet ihr die Verbindung zwischen der Schmucktradition Pforzheims und ihrem heutigen Wirken: Bereits ihre Mutter und ihr Großvater waren in der Schmuckindustrie beschäftigt, vor ihnen ihre Vorfahren, wie viele Menschen aus der Region rund um die Goldstadt. Sie pendelten oftmals bis zu drei Stunden täglich von den ärmlichen Schwarzwalddörfern zu ihrer Arbeitsstelle in Pforzheim. Auf ihren Wegen sammelten sie Kräuter, Beeren und Pilze, die Schätze der Natur, die Kraus heute verarbeitet. So schließt sich der Kreis.

www.schmueckende-heilkraeuter.de

 

Ernst Karle Schindelmacher

Schindelmacher

Ernst Karles Arbeit beginnt im Wald, auf der Suche nach dem passenden Baum. Für seine Schindeln verwendet er ausschließlich heimische Fichten und Weißtannen. Geschlagen werden sie nur im Winter, wenn sie nicht mehr im Saft sind. Die Verwandlung des Stamms zur isolierenden Schindel geschieht dann in einem alten Schwarzwaldhof in Muggenbrunn, an dem Schniedesel, auf dem bereits sein Großvater Schindeln abgezogen hat.

144 Dachschindeln benötigt Karle für einen Quadratmeter. Je nach Witterungsbedingungen halten die Schindeln auf einem Dach 30 bis 40 Jahre, an einer Hauswand sogar bis zu 100 Jahre. Dank ihrer Langlebigkeit und ihrer sehr guten Beständigkeit gegenüber Schnee, Regen und Sturm kommt die traditionelle Schindeltechnik heute wieder vermehrt zum Einsatz.

www.karle-bedachungen.de

 

Mathias Steinhauser, Sattler

Sattler

Sobald man über die Schwelle des Sattler-Ateliers mitten in Freiburg tritt, begibt man sich auf eine Reise in die Zeit vor hundert Jahren. Lederkoffer mit Messingbeschlägen, Vintage-Rucksäcke, Bouletäschchen, Zigarrenetuis, sogar eine Hülle für das Schnapsfläschchen bereichern das Sortiment. Mathias Steinhauser benötigt für eine kleine Handtasche einen Arbeitstag, für einen großen Rucksack bis zu vier Tage, abhängig von der Komplexität des jeweiligen Werkstücks. Mit modernen Maschinen könnte er schneller arbeiten, doch wären seine Taschen dann nicht so langlebig.

www.sattlerei-steinhauser.de

 
Diese und weitere Portraits sowie alle Bilder finden sich in dem Buch:

Tradition und Leidenschaft – Handwerkskünstler im Schwarzwald
von Astrid Lehmann
Silberburg-Verlag
Tübingen, 2021
128 Seiten, Hardcover
19,99 Euro 

Fotos: © iStock.com/ eyenigelen, Astrid Lehmann