Hollywood im Schwarzwald – der Grafiker Ulrich Klinkosch Land & Leute | 27.08.2023 | Lynn Phạm
Die einen sind amüsiert, wenn sie seine Bilder sehen, die anderen empört – der Künstler Ulrich Klinkosch setzt Ikonen aus der Popkultur den Schwarzwälder Bollenhut auf und regt damit nicht nur zum Lachen, sondern durchaus auch zum Nachdenken an.
Jeder kennt dieses Bild: Audrey Hepburn im kleinen Schwarzen, mit einer überlangen Zigarettenspitze in der Hand, einem Diamantencollier um den Hals und einer funkelnden Tiara in der Hochsteckfrisur. Doch bei Ulrich Klinkosch trägt sie anstelle des Diadems einen Bollenhut und frühstückt nicht bei Tiffany, sondern im Schwarzwälder Hof.
Für viele ist diese Verbindung von Hollywood-Glanz und badischer Tradition ein echter Hingucker. Aber es gibt Gegenstimmen. „Mir wird auch vorgeworfen, ich hätte keine Achtung vor dem Bollenhut und würde ihn diffamieren“, so der Künstler. „Doch das sind Menschen, die nicht weiter über den Rand hinausdenken wollen und die die Hintergrundgeschichte nicht hinterfragen.“
Neue Blicke auf einen alten Hut
Der Bollenhut stammt ursprünglich aus den drei benachbarten Gemeinden Gutach, Kirnbach und Hornberg-Reichenbach. Seit etwa 1800 wurde er von evangelischen Frauen zur Tracht getragen. Gerade die Aufteilung in rote Bollen für unverheiratete und schwarze Bollen für verheiratete Frauen und Frauen mit unehelichen Kindern sieht Klinkosch kritisch. Für ihn sei das eine „Stigmatisierung“ und eine „Kategorisierung von Frauen“, die er ablehnt. Indem er bewusst Filmdiven, die mehrfach verheiratet waren, den roten Bollenhut aufsetzt, möchte er das Kleidungsstück in einen neuen Kontext setzen.
Sind seine Werke deshalb als gesellschaftskritisch zu verstehen? Auf diese Frage lacht er und hält sich mit einer klaren Antwort zurück. Generell möchte er nicht allzu viel über seine Bilder erzählen, denn ihm ist es wichtig, dass die Betrachter ihre eigene Geschichte darin finden. „Ich möchte meinem Publikum nichts vorgeben, jeder kann das reininterpretieren, was er oder sie möchte.“
Der 74-jährige gelernte Dekorateur stammt aus Bad Waldsee und lebt seit 1970 in Freiburg. Er ist Vater von fünf erwachsenen Kindern und wohnt mit seiner zweiten Ehefrau in einem idyllischen Häuschen mit großem Garten in Freiburg-Hochdorf. Dort befindet sich auch sein Atelier. Gemalt hat er schon als Kind, angefangen mit Comics, später dann Tierbilder. „Ich habe den Tieren Artefakte oder Waffen gemalt. Die Botschaft war: ‚Wehrt euch gegen die Menschen!‘“ Klinkosch ist Vegetarier. „Doch die Bilder ließen sich nicht gut verkaufen, sie waren den meisten zu düster.“ Inspiriert zu seiner Bollenhut-Reihe wurde er von Sebastian Wehrle, einem bekannten Fotografen aus Freiamt, der ebenfalls das Motiv der Schwarzwälder Tracht in seine Arbeit einfließen lässt. 2018 entstand Klinkoschs erstes Bollenhut-Bild. Es ist sein bisher kommerziell größter Erfolg.
Leuchtende Augen und ein Lachen
Anstatt sich auf nervenaufreibende Diskussionen mit seinen Kritikern einzulassen, hebt Ulrich Klinkosch heute lieber die humoristischen Aspekte seiner Kunst hervor. Die Kunstwelt sei ihm ohnehin viel zu ernst. Humor sei auch in seinem Privatleben „essentiell“. „Früher habe ich mich viel zu ernst und wichtig genommen. Das ist jetzt nicht mehr so“, erzählt er. Und es seien auch eher einige wenige Ausnahmen, die seine Bollenhut-Bilder ablehnen. Die Mehrheit der Menschen nehme sie wohlwollend auf. „Ich kann immer wieder beobachten, wie die Augen der Menschen aufleuchten, wenn sie meine Werke sehen. Und dann lachen sie herzlich auf. Das ist für mich das Größte!“
Fotos: © Ulrich Klinkosch, Lynn Phạm