Trampen 2.0: Mitfahrbänke liegen voll im Trend Land & Leute | 09.02.2022 | Liliane Herzberg

Mitfahrbänkle in Regenbogenfarben

Trampen ist out, Mitfahrbänke sind in: Gerade in dörflichen Gegenden ist der Busbetrieb oft spärlich. Deshalb gibt es in der REGIO mancherorts Mitfahrbänke. Die Idee dahinter: Wer darauf Platz nimmt, signalisiert, dass er mitreisen will. Und wer die Strecke sowieso fährt, kann anhalten und die Person einsammeln. Langes Warten auf den Bus ist damit hinfällig. 

Auffällig bunt und kaum zu übersehen sind die 23 „Mitfahrbänkle“, die seit 2019 auf dem Weg von Schweighausen nach Lahr stehen. Ein pinkes Schild thront daneben, darauf geschrieben: „Mitfahrbänkle Schuttertal“. Eigentlich selbsterklärend, was es damit auf sich hat. Das war auch Ziel des von der Gemeinde Schuttertal initiierten Projekts, die mit den Bänken ein unkompliziertes und umweltschonendes „Fortbewegungsmittel“ schaffen wollte. 

Außerdem, so der Plan, sollte der Gemeinsinn gestärkt und die Mobilität durch Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs mit oft langen Taktzeiten verbessert werden; vor allem für Personen ohne Auto und junge sowie ältere Menschen, die häufig weniger mobil sind. Denn „es lohnt sich für die SWEG (Südwestdeutsche Landesverkehrs GmbH, Anm. d. Red.) nicht, mehr Busse fahren zu lassen, da immer nur sehr wenige Menschen mitgefahren sind“, erklärt Stefanie Fischer von der Bürger-Info und dem Melde- und Passamt der Gemeinde Schuttertal. 

Wer als „Mitnehmender“ dabei sein will, muss sich bei der Gemeindeverwaltung registrieren und den zugesandten Aufkleber gut sichtbar in die Windschutzscheibe kleben. So soll mehr Sicherheit als etwa beim Trampen ermöglicht werden. 500 Automobilisten haben sich bis jetzt registriert. Wer eine Person auf dem Mitfahrbänkle sieht, kann – muss aber nicht – anhalten und bei passendem Zielort eine kurze Fahrgemeinschaft gründen. „Fahrer und Mitfahrer entscheiden frei, ob sie mit der Person mitfahren möchten oder ob sie die Person mitnehmen möchten“, sagt Fischer. Im Schadensfall haftet die gesetzlich vorgeschriebene Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrenden, alle Insassen des Autos sind darüber geschützt.

Mitfahrbank aus Holz mit Wegweisern und Häuschen

Ob bunt oder aus Holz: Alle Mitfahrbänke in der REGIO ermöglichen umweltschonendes und unkompliziertes Reisen.

Auch in anderen Gegenden der REGIO wird das Konzept bereits umgesetzt, etwa auf der Strecke von Wolfach nach Bad Rippoldsau. Im Südschwarzwald machen „Nimm-mich-mit-Häusle“ zwischen Hinterzarten, Alpersbach, Windeck und Rinken mobil. Egal in welchen Farben und Formen die Bänkle gebaut sind, der Gedanke dahinter bleibt gleich: Hier funktioniert Mobilität nach dem Prinzip teilen und einander helfen.

Zeitloses Konzept

Davon ist Anja Müllerleile aus dem Schuttertal begeistert. Sie selbst ist aktive Mitnehmerin, auch ihre vier Kinder nutzten die Bänke regelmäßig, um von der Schule in Lahr nach Hause zu kommen: „Das hat immer gut funktioniert, ich hatte auch gar keine Angst um meine Kinder.“ Die Wartezeit sei meist zwischen fünfzehn und zwanzig Minuten gelegen, es komme aber auch vor, dass direkt jemand anhalte.

Mitfahrbänkle Schild

Leider sei das mittlerweile nicht mehr möglich, so die Mutter. Denn wurden die Schuttertaler Bänkle anfangs viel genutzt, sei das Projekt seit Beginn der Pandemie weitgehend eingeschlafen. „Ich würde gerne noch jemanden mitnehmen, aber die Menschen trauen sich kaum noch.“ Sie hoffe aber sehr, dass sich das nach der Pandemie wieder ändert. Die Bänke sind ja glücklicherweise zeitlos. 

Fotos: © Beate Zehnle Lehmann; Andreas Schwarzkopf