„Ärgern und abschrecken“: Nicht angemeldete Freiburger Ferienwohnungen sorgen für Ärger Politik & Wirtschaft | 19.03.2019 | Philip Thomas

In Freiburg trifft Wohnungsnot auch auf Tourismus: Statt Wohnungen an die Bürger zu vermieten, vergeben Geschäftsleute wertvollen Lebensraum lieber an Reisende – oft ohne die nötigen Genehmigungen – und verstoßen damit gegen das Zweckentfremdungsgesetz.

Während das städtische Baurechtsamt ermittelt, Miet- und Hotelverbände protestieren, hüllen sich die Anbieter von Ferienwohnungen lieber in Schweigen. „Das ist uns ein Dorn im Auge“, sagt Manfred Wolf, Vorsitzender des Mietervereins Regio Freiburg. Korrekt angemeldete Ferienwohnungen seien in Ordnung, „aber eine Mietwohnung zu entmieten, das geht gar nicht.“ Der 66-Jährige ist überzeugt, dass auf dem Freiburger Ferienwohnungsmarkt vieles unter dem Radar abläuft.

Wie viele Wohnungen gegen das Zweckentfremdungsverbot verstoßen, weiß er nicht: „Das müsste man über die Firmen herausfinden, aber dort ist nur zu finden, was auch gerade online ist. Das ist schwierig.“ Das Vermittlungsportal Airbnb mit Sitz in Irland und deutschem Pressebüro reagiert bis zum Redaktionsschluss auf mehrfache Anfragen des business im Breisgau nicht. In der Gemeinderats-Drucksache G-18/148 vom vergangenen Juni wird geschätzt, dass in Freiburg über Airbnb 800 Ferienwohnungen angeboten werden. 377 sind bei der Stadtverwaltung nicht gemeldet.

„Das Thema wurde von den Behörden verschlafen“, sagt Wolf. Freiburg sei dem Fremdenverkehr lange zu verpflichtet gewesen und habe vielleicht auch wohlwollend über manches hinweggesehen.

Das Baurechtsamt muss windigen Anbietern allerdings erst mal auf die Schliche kommen. „Wir ermitteln und überprüfen, ob ein Verstoß gegen das Zweckentfremdungsgesetz der Stadt vorliegt“, sagt Amtsleiter Holger Ratzel. Das ist leichter gesagt als getan: Privat und gewerblich vermietete Wohnungen bilden ein undurchsichtiges Geflecht, sind über ganz Freiburg verteilt und haben unterschiedliche Vermieter und Eigentümer.

Bußgelder werden nur selten verhängt

Gebucht werden die Wohnungen dagegen völlig unkompliziert und im Vergleich zu Hotels auch kostengünstig übers Internet. Die Adressen und Fotos der online inserierten Wohnungen sind dabei bewusst vage gehalten und nur schlecht zuzuordnen. „Heart of the City“ und „in Bahnhofsnähe“, heißt es dort beispielsweise.

Der Ermittlungsaufwand ist für Ratzel „erheblich“. Längst nicht alles würde seine Behörde schaffen. „Wir haben einen Kollegen, der draußen klingelt und das überprüft. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht“, sagt der 51-Jährige. Bei erfolgreicher Fahndung würden im nächsten Schritt Vermieter und Betreiber bestimmt und miteinander verglichen. Die seien häufig aber nicht identisch. Oft stießen die Ermittler auch auf Schutzbehauptungen oder die Entscheidungen der Stadt würden rechtlich angegriffen. Auch in diesen Tagen gibt es wieder ein laufendes Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht.

Ratzel wünscht sich mehr Handhabe und hofft auf Unterstützung von der Landesregierung in Stuttgart: „Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind nicht optimal, bei den Portalen und Vermittlungsstellen herrscht keine Auskunftspflicht.“

Bis zu 50.000 Euro reicht der Bußgeldrahmen des Landes aktuell. „Wir müssen ärgern und wollen abschrecken“, sagt Ratzel. Bußgelder würden allerdings vergleichsweise selten verhängt. „Die bisherigen Strafen sind ein Witz“, findet Wolf, „mit einer Vermietung hat man das wieder hereingeholt.“ Durch die Vermietung einer Vierzimmerwohnung lasse sich in einer Woche immerhin eine ganze Monatsmiete verdienen. Erwischte Vermieter müssen zahlen: Durch den Vollzug des Zweckentfremdungsgesetzes werden in Freiburg jährlich etwa 19.000 Euro Gebühren fällig. Laut der Drucksache seien bis Juni 2018 45 Wohnungen wieder im normalen Mietmarkt.

Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband ­(Dehoga) fühlt sich von Ferienwohnungen ohne Genehmigung geprellt. In einem Positionspapier des Verbandes dazu heißt es: „Hotels werden mit immer kostenintensiveren Auflagen zu Brandschutz, Hygiene, Sicherheit und Barrierefreiheit überzogen.“ Daniel Ohl, Geschäftsführer Kommunikation bei der Dehoga Baden-Württemberg, fordert: „Gleiches muss gleichbehandelt werden.“

Im Freiburger Markt verstößt nicht jeder gegen das Gesetz: Angesprochen auf Freiburg Appartements, einen Anbieter mit mehreren Ferienwohnungen im Stadtgebiet, erzählt Ratzel, dass der Betreiber auf Genehmigungen achte. Kontakt zur Redaktion wünscht man bei dem Ferienwohnungsvermieter trotzdem nicht.

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