Streck setzt beim Warenaustausch mit China auch aufs Gleis Politik & Wirtschaft | 10.08.2018 | Philip Thomas

Waren im Wert von 187 Milliarden Euro sind im vergangenen Jahr zwischen Deutschland und China gehandelt worden. Der Freiburger Logistiker Streck Transport AG setzt dabei künftig auf die Schiene.

„Die Unwissenheit der Deutschen über China ist groß und die Meinungsbildung hierzulande stark“, sagte Armin Schwolgin, Professor für Logistik an der DHBW Lörrach und seit zehn Jahren in China unterwegs, unlängst auf einem Streck-Workshop in Hochdorf. Als führendes mittelständisches Speditionsunternehmen hat sich Streck Fachwissen für Fernost ins Haus geholt und will damit neue Transportwege für seine Kunden erschließen. Gemeinsam mit seinem chinesischen Partner EU Dragon Express will das Transportunternehmen damit den Handel mit China via Zug vorantreiben.

Und das, obwohl es keine direkte Zugverbindung zwischen Deutschland und China gibt. Zwar teilen sich die beiden Handelspartner die Schienenbreite von 1435 Millimeter. Jedoch befahren Russland, die Mongolei, Kasachstan und die Ukraine ein Netz von 1524 Millimetern Weite. Verzögerungen sind die Folge.

Der Name des Programms, „One Belt, one Road“, das drei Gleisverbindungen in den Westen bedeutet, soll Verbesserungen schaffen. In Deutschland werden mehrere Bahnhöfe, unter anderem Duisburg und Hamburg, angefahren. Den Vorschlag aus dem Plenum, auch südlichere Bahnhöfe wie Mannheim anzusteuern, leitet Wayne Zhang, Business Development Director von EU Dragon, gerne nach China weiter.

Bis 2020 wird jeder Container, der das Reich der Mitte verlässt, von den dortigen Provinzregierungen subventioniert. „Es ist noch Zeit, um diesen Transportweg günstig zu testen“, sagt Ralph Diringer, Geschäftsführer von Streck. Er rechnet nicht damit, dass sich China nach Ablauf komplett aus dem Förderprogramm zurückziehen wird: „Die Infrastruktur wird man wahrscheinlich nicht einfach verfallen lassen.“ Schließlich setzt China immer stärker auf die Bahn: Verließen den Bahnhof der Millionenmetropole Zhengzhou im gesamten Jahr 2013 noch 13 Züge, waren es im vergangenen schon 501.

Wegen der starken Vibrationen, die mit dem Schienenverkehr einhergehen, sei das aber nicht für jedes Produkt geeignet: „Jeder Verkehr hat sein Für und Wider“, sagt Diringer. Ein weiterer Faktor seien die Temperaturschwankungen auf der Strecke: „In Sibirien kann es im Winter durchaus mal ein wenig frisch werden“, scherzt der Logistikexperte. Für Winterjacken sei die Zugmethode aber bestens geeignet.

»Probieren geht über Studieren«

In der Streck-Zentrale wendet sich der Geschäftsführer an seinen chinesischen Geschäftspartner: „In Deutschland haben wir ein Sprichwort: Probieren geht über Studieren.“ Wie wichtig dieser Pioniergeist ist, zeigt ein Blick auf die Branche: Laufzeiten werden für Endkunden immer länger. Fünf Wochen benötigt ein Containerschiff aus Hamburg nach China mit 20.000 Containern für die Route. Ein Frachtflugzeug mit bis zu verhältnismäßig geringen 100 bis 120 Tonnen ist maximal zwei Tage unterwegs.

Ein Zug mit knapp 90 Containern bewältigt seine 10.000 Kilometer über Polen, Weißrussland, Russland und Kasachstan binnen zwei Wochen. Roland Steinebrunner, Leiter der Seefracht bei Streck, erklärt: „Über den Daumen ist eine Zugverbindung zweimal so schnell wie die Schifffahrt und dabei halb so teuer wie die Luftfahrt.“ Der Zug sei ein guter Kompromiss aus Kosten und Geschwindigkeit. Zhang sieht das genauso: „Schienenverkehr ist sehr effizient und zuverlässig geworden und gewinnt in China immer mehr Dynamik.“ Mittlerweile gibt es über 20.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecke in China, auf denen Züge 350 Kilometer pro Stunde erreichen. Während seiner Studienzeit 1995 benötigte ein Zug von seiner Heimatstadt Tianjin nach Shanghai noch 22 Stunden. Heute sind es fünf. 

Foto: © Streck Transport