Corona frisst Loch in Kasse: Finanzhilfen von Bund und Land Politik & Wirtschaft | 20.08.2020 | Philip Thomas

Corona

Ende Mai hatten Oberbürgermeister Martin Horn und Finanzbürgermeister Stefan Breiter im Rathaus vorgerechnet, wie teuer die Corona-Krise Freiburg zu stehen kommen könnte: 77 Millionen Euro tief sei das Loch im Haushalt durch wegbrechende Steuereinahmen und Kosten „in nahezu allen Bereichen“. Durch Rettungsschirme von Bund und Land konnte der Schuldenberg nun auf knapp 38 Millionen halbiert werden. Allerdings muss die Stadtspitze auch sämtliche Kreditermächtigungen für den Doppelhaushalt 2019/20 ausreizen und in die Stadtkasse greifen.

„Eine Belastung des städtischen Haushalts von rund 38,08 Millionen Euro ist für die Stadt Freiburg eine große Herausforderung. Ein Dank geht an Bund und Land für die Unterstützung der Kommunen, die es uns ermöglichen, weiterhin in die Infrastruktur Freiburgs zu investieren“, erklärt Horn jetzt bei der Vorstellung des 1. Finanzberichts für 2020. Die neue Zahl ergibt sich aus der Mai-Steuerschätzung, neuen Prognosen der Ämter sowie des Rettungsschirms des Landes, der fehlende Gewerbesteuereinnahmen auffangen soll.

Beim Blick auf den Taschenrechner dürfte im Rathaus trotzdem niemand jubeln. Um Freiburgs Investitionen in Höhe von rund 130 Millionen Euro zu stemmen, plant die Stadtkämmerei ihren genehmigten Kreditrahmen des Doppelhaushalts 2019/2020 in Höhe von 53,5 Millionen Euro voll auszuschöpfen und darüber hinaus noch 15,6 Millionen Euro aus der Stadtkasse zu nehmen. Zudem wird der Ergebnishaushalt, in dem die gewöhnlichen Einnahmen und Ausgaben gefasst werden, nach derzeitiger Prognose mit einem Minus von 6,3 Millionen Euro abschließen.

„Die finanzielle Situation ist eine große Herausforderung. Wir befinden uns mitten in einem Priorisierungsprozess“, so der OB. Wen die Einsparungen treffen, ist derzeit noch unklar. Rathaussprecherin Martina Schickle rechnet damit, dass erste Maßnahmen frühestens im September spruchreif sind. Hinter den Kulissen wird aber bereits über das neue Eisstadion gesprochen, das im normalen Haushalt kaum zu finanzieren sein wird.

Bereits im Juli hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ angekündigt, Rekordschulden in Höhe von zehn Milliarden Euro gegen die Krise aufnehmen zu wollen. Gleichzeitig rechnet der 72-Jährige für den laufenden Haushalt 2020/21 in Baden-Württemberg mit Steuerausfällen in Höhe von 6,8 Milliarden Euro.

Laut Freiburger Finanzbericht seien „die angekündigten Rettungspakete des Bundes und des Landes auch zwingend erforderlich“, um notwendige kommunale Investitionen sicherzustellen. Bislang seien in zwei Paketen 5,3 Millionen Euro aus Stuttgart nach Freiburg überwiesen worden. Eingesetzt wurde das Geld laut Bericht für die Erstattung von Kita-Gebühren, die Musik- sowie die Volkshochschule.

Nach der korrigierten 77-Millionen-Euro-Prognose vom Mai gibt sich Breiter bei Zukunftsvisionen im Bericht zurückhaltend. Er wartet auf Berlin: „Welche Auswirkungen sich für die Planung des kommenden Doppelhaushalts 2021/22 ergeben, wird sich erst valide berechnen lassen, wenn neue Zahlen auf Basis der von Bundesfinanzminister Scholz für September 2020 angekündigten außerordentlichen Steuerschätzung vorliegen.“ Im Jahr 2006 war der Schuldenberg der Stadt Freiburg auf 336 Millionen Euro aufgetürmt. Ende 2014 war er bis auf 139 Millionen abgetragen, Ende 2020 wird er nun bei 258 Millionen seine Spitze haben. Im Oktober gehen Stadtspitze und Gemeinderat in Sachen Haushalt in eine Klausurtagung. Bei der Aufstellung des aktuellen Doppelhaushalts 2019/2020 haben sich Horn und Breiter von den ausgabefreudigen Fraktionen düpieren lassen. Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich die Corona-Krise auf die Disziplin auswirken wird.

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