„Das macht süchtig“: Ein Bad Krozinger bastelt Krippen aus Treibholz Politik & Wirtschaft | 21.11.2017 | Till Neumann

Stolze 79 Jahre alt ist Robert Schmidt. Aber keineswegs müde. Der Florist im Ruhestand bastelt leidenschaftlich gerne Krippen aus Treibholz. Den Erlös spendet er. Sogar das Fürstenpaar von Monaco hat schon bei ihm was erstanden. Nächstes Jahr könnte jedoch Schluss sein.

Strahlend steht Robert Schmidt in seiner Krippen-Werkstatt. Die Garage seiner Wohnung in Bad Krozingen hat er dafür umfunktioniert. Das Auto parkt draußen, denn die Kunstwerke sind überall: in Regalen, Kartons, auf einem Tisch. „678 Stück habe ich dieses Jahr gebastelt“, sagt der Rentner. Jede ist auf einer Strichliste zu finden, sortiert nach Preisen: 10 bis 120 Euro kosten die Krippen. Der Erlös geht an den Förderverein für Krebskranke Kinder in Freiburg.  

Die Garage reicht bei weitem nicht, um alles zu verstauen. Zwei weitere Räume im Gebäude nutzt Schmidt als Lager. Bald sollen sie sich leeren: Auf Weihnachtsmärkten in der Region werden er und seine Frau Nicole die Kunstwerke anbieten. Vergangenes Jahr hat er so rund 10.000 Euro gesammelt.  

Bis vor zwei Jahren wohnte das Paar in Menton, einer Stadt an der Côte d’Azur. Nicole Schmidt ist Französin. An der Küste findet Schmidt noch immer den Rohstoff seiner Kunstwerke. Im Januar machen die beiden dort Urlaub, er sucht bei ausgiebigen Spaziergängen angeschwemmtes Holz. Zwölf blaue Ikea-Tüten hat er dieses Mal gefüllt. „Bis unters Dach, mehr geht nicht ins Auto“, sagt er und lacht. „Bald passen der Hund und ich nicht mehr in den Wagen“, fürchtet seine Frau. Wenn es so weitergeht, müsse sie bald mit dem Zug fahren. Bei Kaffee und Plätzchen sitzen die beiden in ihrem Wohnzimmer.  

Handgemacht: 678 Krippen hat Robert Schmidt dieses Jahr angefertigt.

2007 entdeckte Robert Schmidt im monegassischen Luxushotel „Hôtel de Paris“ Weihnachtsbäume zur Versteigerung für einen guten Zweck. „Da will ich auch mitmachen, ruf da mal an“, sagte er kurzentschlossen. „Du bist wahnsinnig, das geht nicht“, antwortete seine Frau. Es ging doch, Prinz Albert von Monaco ersteigerte fortan die geschmückten Bäume des Floristen. Und nannte ihn „den verrückten Deutschen“. Nur einmal sei Albert verhindert gewesen, erinnert sich Schmidt. Also habe er seine Frau Charlène zur Versteigerung geschickt. Ein Multimillionär habe jedoch das Rennen gemacht – für 40.000 Euro. „Charlène ist vorher ausgestiegen“, berichtet Schmidt. Bis heute war das der Rekorderlös für die Schmidts, die mittlerweile rund 100.000 Euro gesammelt haben.  

Auf die Idee mit den Krippen kam Schmidt dann 2009. Durch Zufall sah er einen jungen Franzosen mit Treibholz werkeln. Das inspirierte ihn. Knapp 4000 Krippen hat er seitdem hergestellt. „Das macht süchtig“, schwärmt er. In den Sommermonaten verbringt er täglich drei Stunden mit der Produktion. Vormittags zwei, nachmittags eine. Bis zu vier Stunden braucht er für die größten Exemplare.  

Das Moos dafür findet er im Schwarzwald, die Figuren bestellt er in Österreich. Passend zum internationalen Ansatz baumelt eine kleine Europafahne in seiner Garage. Wie er das alles hinbekommt, ist seiner Frau ein Rätsel. „Ich weiß nicht, wann er das alles macht“, sagt sie und lacht.  

Kommendes Jahr wird er 80 Jahre alt. „Dann ist Feierabend“, sagt Nicole Schmidt. „Mal sehen“, erwidert er vielsagend. Immerhin hat er schon Pläne geschmiedet, wie er noch mehr Holz nach Deutschland bringen kann. Ein französischer Krankenpfleger soll ihm beim Transport helfen. Den jungen Mann hat er vergangenes Jahr kennengelernt. Klingt nicht nach dem Ende der Geschichte. Eher nach Erweiterung und noch mehr Krippen.  

Fotos: © Till Neumann