Das sagen Südbadens Bundestagsabgeordnete über die Widerspruchslösung bei Organspenden Politik & Wirtschaft | 19.10.2024 | Philip Thomas

Eine Organtransplantation ist für zahlreiche Menschen die letzte Möglichkeit auf Lebensrettung oder Leidenslinderung. Doch die Wartelisten sind lang, es gibt zu wenig Spender. Knapp 8400 Patienten warten laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation derzeit auf ein Organ. In weniger als 20 Prozent der Fälle liegt ein dokumentierter Wille zur Spende vor. Die Lage verbessern könnte die sogenannte Widerspruchslösung, wonach jede Person bis zur gegenteiligen Erklärung als Organ- und Gewebespender gilt. Im Jahr 2020 scheiterte ein solcher Antrag mit 292 zu 379 Stimmen in Berlin. Anfang Juli beschloss der Bundesrat erneut, einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundestag einzubringen. Das sagen Südbadens Abgeordnete zum neuen Vorstoß.
Wahlkreis Freiburg:
Chantal Kopf (29 Jahre)
Bündnis 90/Die Grünen
„Ich selbst befürworte die Widerspruchsregelung, bin aber an der weiteren Diskussion in der Fraktion interessiert. In der grünen Bundestagsfraktion gibt es Abgeordnete mit unterschiedlichen Positionen zur Einführung einer Widerspruchslösung. Sie eint aber das Anliegen, die Zahl der transplantierten Organe zu erhöhen, damit mehr Menschen, die auf der Warteliste dringlich auf ein Organ warten, geholfen werden kann.“
Claudia Raffelhüschen (55 Jahre)
FDP
„Wir brauchen dringend mehr Organspenden. Ich selbst bin Organspenderin und habe einen Spenderausweis. Aber diese wichtige Entscheidung dazu muss jeder ganz bewusst selbst treffen. Deswegen bin ich gegen den Automatismus der Widerspruchsregelung.“
Wahlkreis Emmendingen – Lahr:
Yannick Bury (34 Jahre)
CDU/CSU
„Damit in Zukunft mehr Menschen ein lebensrettendes Organ erhalten können, befürworte ich die Widerspruchsregelung. Wichtig ist, dass das Recht des Einzelnen, sich für oder gegen eine Spende zu entscheiden, weiterhin ausdrücklich unangetastet bleibt. Ein Gesetz muss außerdem sicherstellen, dass es für alle Bürgerinnen und Bürger genügend Aufklärung und ausreichende Informationen zur Organspende gibt und jeder ausreichend Zeit und Möglichkeiten hat, seine persönliche Entscheidung zu treffen und entsprechend festzuhalten.“
Johannes Fechner (51 Jahre)
SPD
„Mit anderen Abgeordneten habe ich ein Gesetz zur Einführung der Widerspruchslösung erarbeitet. In Deutschland warten derzeit 8.400 schwerstkranke Personen auf ein Spenderorgan. Um deren Leben zu retten, ist es notwendig, auch Organe von Personen für die Organspende zu verwenden, die hierin nicht eingewilligt haben. Wer das nicht will, muss im Organspende-Register widersprechen. So können wir tausende Menschen retten und wollen darum die Widerspruchslösung noch dieses Jahr im Bundestag beschließen.“
Thomas Seitz (56 Jahre)
fraktionslos
„Ich lehne die Widerspruchslösung ab, da niemand gezwungen werden darf, sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen. Die Menschenwürde verbietet es aber, den Menschen als Ersatzteillager ohne ausdrückliche Einwilligung zu nutzen. Zudem ist der „Hirntod“ eine konstruierte Kategorie: Nur einem lebenden Organismus entnommene Organe können verpflanzt werden, viele Fragen sind offen. Nach zahlreichen Skandalen fehlt einfach vielen Menschen das Vertrauen in Transplantationssystem und Beteiligte.“
Wahlkreis Lörrach – Müllheim
Christoph Hoffmann (66 Jahre)
FDP
„Ich habe bei der Abstimmung 2020 im Bundestag für die Freiwilligkeitsregelung gestimmt. Die damaligen Hoffnungen haben sich aber nicht erfüllt, das Spendenregister ist nicht wirklich gefüllt. Als Liberale mögen wir keinen übergriffigen Staat und eine Widerspruchslösung könnte so empfunden werden. Ist sie aber nicht. Mit der Widerspruchsregelung wird die Selbstbestimmung nicht infrage gestellt. Die Bürger könnten künftig von ihrem Recht auf Widerspruch Gebrauch machen. Es gilt Freiheit und Verantwortung zu vereinbaren. Verantwortung für die, die um ihr Leben Kämpfen.“
Takis Mehmet Ali (33 Jahre)
SPD
„Ich bin der Ansicht, dass die Widerspruchsregelung noch einmal geprüft werden sollte. Über 8000 Menschen warten in Deutschland auf eine Organspende und die prinzipielle Bereitschaft zur Organspende ist überwältigend. Nur ein Bruchteil ist jedoch als Spender:in registriert. Eine Variante, in der Personen die Spendenbereitschaft aktiv ablehnen, erscheint mir entsprechend sinnvoll. Wichtig ist jedoch eine umfassende Aufklärungskampagne, um potenzielle Spender:innen über die medizinischen Konsequenzen der Entscheidung zu informieren.“
Ingo Wellenreuther (64 Jahre)
CDU/CSU als Nachfolger für Diana Stöcker, CDU/CSU
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Seit dem 18. März besteht die Möglichkeit, sich online als Organspender zu registrieren. Der Eintrag auf dem Portal des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ist kostenlos und kann jederzeit widerrufen werden. >Zum Organspende-Register hier klicken<
Fotos: © DSO P. Bischoff, Chantal Kopf, Claudia Raffelhüschen, photothek.net, Büro Yannick Bury, Thomas Seitz, Fuchs, christoph Neubauer, Tobias Koch