Der Herr der Cluster Frederik Wenz ist neuer Ärztlicher Direktor Universitätsklinikums Politik & Wirtschaft | 07.05.2019 | Stella Schewe

Torbogen Universitätsklinikum Freiburg

Die berühmten ersten 100 Tage hat er hinter sich: Seit Anfang des Jahres ist Frederik Wenz Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Freiburg und damit Chef von rund 12.000 Mitarbeitern.

Statt eines Arztkittels trägt der Radiologe aus Mannheim jetzt ausschließlich Anzüge, statt Bestrahlungen stehen Mammutprojekte wie Masterplan oder Digitalisierung auf seiner Agenda.

Das Führungsduo ist wieder komplett: Neben dem Kaufmännischen Direktor Bernd Sahner hat im Januar Wenz die 12. Etage des Verwaltungsneubaus an den Westarkaden bezogen. Die Sicht ist überwältigend. Durch die verglasten Außenwände sieht man die Stadt und das gesamte Klinikumsgelände – wie gemalt, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Auf dem Boden bekomme er diesen allerdings viel besser, sagt der gerade 53 Jahre alt gewordene Wenz. „Management by walking around“ nennt er die Serie seiner Antrittsbesuche bei den einzelnen Kliniken im vergangenen Vierteljahr. „Ich muss doch wissen, was los ist und wo der Schuh drückt.“ In jeder Abteilung habe er sich „etwas ganz Schönes und etwas, das nicht so schön ist” zeigen lassen. Letzteres sei, gerade in den alten Kliniken, vor allem die Bausubstanz, „eine der großen Herausforderungen für die kommenden Jahre“.

Luftbild Universitaetsklinikum Freiburg

Alt und neu auf einem Campus: Links oben das Neurozentrum, schräg dahinter die Augenklinik, rechts die historischen Klinik-Gebäude

Für die Modernisierung gibt es für die kommenden zehn bis fünfzehn Jahre einen Masterplan mit einem stolzen Volumen von rund einer Milliarde Euro. Die größten Brocken darin sind der Neubau der Kinderklinik an der Breisacher Straße – mit bislang veranschlagten 125 Millionen Euro – und der Erweiterungsbau der Chirurgie, dessen Bau- und Infrastruktur-Kosten auf 350 bis 400 Millionen Euro taxiert werden. Zusammen mit dem fast fertigen Tumorzentrum könne die Chirurgie dann ein „High-Tech-Cluster“ bilden, die neue Kinderklinik mit der Frauenklinik das Mutter-Kind-Cluster. „Wir denken in Cluster-Zentren“, so Wenz, „um kurze Wege und interdisziplinären Austausch zu erleichtern.“

Zwar stand dieser Plan schon, als er seinen Job in Freiburg antrat, doch die Umsetzung laufe auch über seinen Schreibtisch. „Wir machen das gemeinsam“, sagt er über die Zusammenarbeit mit seinem Direktor-Kollegen Sahner, „wir haben ein sehr gutes Arbeitsverhältnis und tauschen uns häufig aus.“ Bis Ende 2018 war Wenz Leitender Direktor des Uniklinikums Mannheim, zuvor hatte er dort als Ärztlicher Direktor die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie aufgebaut. 

Studiert hat er in Heidelberg, Großbritannien und den USA. Fehlt ihm die Arbeit als Arzt? „In Mannheim war es mir ganz wichtig, immer noch mit einem Fuß in der Klinik zu stehen“, sagt er. Aber irgendwann habe er gemerkt: „Ich muss mich auf eines konzentrieren.“ Die Direktionsstelle in Freiburg zu besetzen, war nicht einfach: Mehr als ein Jahr lang wurde nach einem Nachfolger für den 78-jährigen Jörg Rüdiger Siewert gesucht. Das sei bei solchen Positionen durchaus üblich, mit der nicht gerade skandalfreien Vergangenheit des Freiburger Universitätsklinikums – Stichwort Doping-
Affäre – habe das nichts zu tun, sagt Wenz entspannt: „Die Negativschlagzeilen sind Jahre alt und jeder Standort hat seine Geschichte.“

An Freiburg gereizt hätten ihn die besonderen Startbedingungen: die Größe – das Universitätsklinikum ist das drittgrößte in Deutschland –, die Exzellenz in Wissenschaft und Krankenversorgung und die Potenziale im Bereich der Digitalisierung. „Damit lassen sich Befunde messen, präzisieren und die Qualitätssicherung komplett neu denken.“ Auch viele Abläufe würden leichter: So könnten sich Patienten im Tumorzentrum, das Anfang Mai eröffnet werden soll, mit ihrer Krankenkassenkarte an einem „Check-in-Kiosk“ selbst anmelden, ohne in der Warteschlage stehen zu müssen.

Hat viel auf der Agenda: der neue Klinik-Chef Frederik Wenz.

„Die Herausforderung ist riesengroß“, sagt Wenz über seine neue Stelle. Eine Milliarde Euro zu mobilisieren und zu verbauen, für 12.000 Mitarbeiter da zu sein und eine hohe Qualität in der Krankenversorgung sicherzustellen – „das sind mannigfaltige Aufgaben, da wird es nicht langweilig.“ 

Um die Vorstandsarbeit innerhalb der Klinik transparent zu machen, hat er wöchentliche Podcasts eingeführt, umgekehrt werden auf einer Plattform Fragen der Mitarbeiter gesammelt und regelmäßig beantwortet. Das Wissen der Mitarbeiter zu mobilisieren, ist ihm wichtig: „Schließlich hat jeder der 12.000 gute Ideen.“

In 40 Wochenstunden lasse sich das alles nicht bewältigen; wie viel er tatsächlich arbeitet, verrät der neue Direktor allerdings nicht – nur, mit einem Augenzwinkern, dass er quasi täglich gegen das Arbeitszeitgesetz verstoße. „Aber ich habe Spaß an meiner Arbeit und schaue nicht auf die Minuten.“ 

Abschalten kann er beim Volleyballspielen, im Fitness-Studio und beim Essen. Die kulinarische Szene hier sei „ganz ordentlich“, lacht er: „Ich sehe zwar nicht so aus, aber ich gehe sehr gerne essen.“ Noch pendelt er nach Mannheim, wo seine Frau als Ärztin tätig ist, doch eine neue Bleibe in Freiburg haben sich die beiden schon ausgesucht. Was ihm hier gefällt? „Die Badener sind einfach knuffig. Offen, kommunikativ, ein Menschenschlag, den ich gerne mag.“ 

Fotos: © Universitätsklinikum Freiburg/Britt Schilling, Stella Schewe