Immer eine Idee voraus: Die Kramer GmbH feiert 90-jähriges Bestehen Politik & Wirtschaft | 21.11.2019 | Philip Thomas

Fuhrpark

Von Dämmtechnik zu Kühlraum- und Ladenbau bis zur modularen Bauweise. Die Kramer GmbH hat in ihrer Geschichte ein pralles Portfolio aufgebaut. Mit Planung, Produktion und Projektabschluss aus einer Hand, einem Jahresumsatz von mehr als 80 Millionen Euro, 280 Mitarbeitern und dem Mut zum Querdenken feiert der Komplettanbieter aus Umkirch seinen 90. Geburtstag.

„Wir haben klein angefangen“, sagt Alexander Butsch, der die Geschäfte der Kramer GmbH zusammen mit Matthias Weckesser führt. Ursprünglich habe das Unternehmen, das heute europaweit zu finden ist, noch kleine Kreise gezogen: Mit gerade einmal drei Mitarbeitern, einer angemieteten Scheune, Gebrauchtwagen sowie Pferdefuhrwerk begann Firmengründer Fritz Kramer 1929 seine Karriere an der Schweizer Grenze. „Am Rhein siedelte sich immer mehr Industrie an, technische Isolierung wurde dort dringend benötigt“, so Butsch.

Dämmtechnik wurde Kramers erstes Kerngeschäft. Genau 90 Jahre später zählt das Unternehmen mit jahrzehntelanger Erfahrung zu den führenden Anbietern in der Branche. Einige ihrer ersten Kunden, wie den Chemie-Riesen Roche, betreut der Mittelständler noch heute. In dem Beinahe-Jahrhundert habe sich aber auch vieles verändert. Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz seien immer wichtiger geworden, gleichzeitig wurden Auflagen und Normen immer strenger.

Nach anfangs nur unregelmäßiger Beschäftigung konnte sich das Unternehmen vor Aufträgen bald kaum retten: Als es Ende der 50er-Jahre nach jahrelanger Entbehrung plötzlich um die Wurst ging und Unmengen Fleisch haltbar gemacht werden mussten, stieg die Nachfrage nach Kühlräumen. „Damit wurde der Kühlraumbau ein gleichwertiges, zweites Standbein“, so Butsch. Heute ist Kramer ein breit aufgestellter und branchenübergreifender Spezialist. „Aus Dämmtechnik haben wir den Kühlraumbau entwickelt und daraus hat sich der Ladenbau abgespalten. Wir versuchen, immer eine Idee weiterzudenken“, sagt der 52-Jährige.

Als Lieferengpässe bei Kühlraumtüren Kramer im neuen Freiburger Standort samt 500 Quadratmeter großer Lagerhalle zu schaffen machten, beschloss das Unternehmen in den 60ern auf Marke Eigenbau umzusatteln. „Bis heute wollen wir so viel wie möglich bei uns im Haus herstellen“, kommentiert Butsch. Mit Erfolg: Kramer fand eine Marktlücke zwischen Handwerk und Industrie und steigerte seinen Umsatz darin von 1954 bis 1979 von einer auf rund 20 Millionen Mark. Vergangenes Jahr waren es mehr als 80 Millionen Euro.

Doppelspitze: Geschäftsführer Alexander Butsch (l.) und Matthias Weckesser

„Ende der 60er-Jahre wurden Optik und Ästhetik im Ladenbau immer wichtiger“, so Butsch. Metzgereien sollten auch cool aussehen, und neben technischem Know-how war auch Einfallsreichtum gefragt. Das Wissen, die Kühlung auch in den Verkaufsbereich zu bringen, war in der Firma längst vorhanden – die erste eigene Kramer-Kühltheke entstand und Kramers Ladenbau war geboren. Heute beschäftigt der Mittelständler eigene Marketingspezialisten sowie eine Architekturabteilung. Diese entwerfen Ladenkonzepte für den Lebensmitteleinzelhandel, Metzgereien, Imbisse, Bäckereien, Feinkost sowie Bars und Gastronomien – alles individuell anpassbar und aus eigener Produktion. „Wir gestalten nicht nur den Laden, sondern inszenieren die komplette Marke“, sagt Butsch.

Zuletzt erweiterte Kramer sein Portfolio im Ladenbau um eigene Beleuchtungskonzepte: „Die haben wir lange zugekauft. Dann haben wir uns gedacht, das können wir besser.“ Anspruchsvolle Kunden wie Feinkostmärkte fragten oft nach Komplettlösungen – Montage, Service und Wartung inklusive. „Heute ist das ein Paket. Dadurch gewährleisten wir eine schlüsselfertige Übergabe“, so der Geschäftsführer. Dank eines Großauftrages bei einem führenden Lebensmitteldiscounter wuchs das Unternehmen rasant – heute besitzt Kramer neun Niederlassungen sowie weitere Verkaufsbüros in ganz Europa.

2013 dachte Kramer erneut einen Schritt weiter und rief addhome – eine innovative und flexible Modulbauweise – ins Leben. „Wir sind nicht statisch und entwickeln uns kontinuierlich weiter“, kommentiert Butsch. Die nötige Erfahrung zum Bau der Lego-like-Module hatte Kramer bereits im Haus. In einer sich immer schneller drehenden Welt seien zunehmend variable und mobile Lösungen gefragt.

Nach erfolgreichen Projekten für Bäckereien, den Obst- und Gemüse­handel und Cafés folgte 2017 das Rothaus Chalet auf dem Feldberg und 2019 die Erlebnistoilette am Titisee. „Die Module kommen immer fix und fertig zum Kunden“, erzählt Butsch. Statt langer Baustelle sind die Module binnen weniger Tage einsatzbereit. „Wir müssen auf dem Gelände nur aufstellen und anschließen“, so der Geschäftsführer. Auch ein erneuter Umzug sei möglich.

Das Miteinander werde bei Kramer großgeschrieben. „Wir sind wie eine große Familie“, betont Butsch, der im Betrieb Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance legt. In den Gründerjahren schweißte noch ein traditioneller, sonntäglicher Frühschoppen die Belegschaft zusammen, heute gehen viele der Mitarbeiter bei Firmenläufen gemeinsam an den Start.

Das schaffe Kontinuität. Einige Mitglieder der rund 280-köpfigen Mannschaft sind seit mehr als 30 Jahren an Bord. Unter den 15 Auszubildenden, die jährlich bei Kramer anheuern, befinden sich laut Butsch, der seit 17 Jahren im Unternehmen ist, immer wieder Kinder von Mitarbeitern oder Bekannten. Mit Daniel Weckesser, dem Sohn von Matthias Weckesser, wird bald die nächste Generation Kramer zu neuen Ufern aufbrechen. Das Unternehmen bleibt damit auch nach 90 Jahren fest in Familienhand.

Fotos: @ Kramer GmbH