Sinn statt nur Gewinn: Die Genossenschaft Oekogeno feiert 30-jähriges Bestehen Politik & Wirtschaft | 14.11.2018 | Stella Schewe

Wie können wir die Welt besser machen? Das mag idealistisch klingen, doch genau darum geht es bei Oekogeno mit Sitz in Freiburg, die dieser Tage ihren 30. Geburtstag feiert. Mit mehr als 15.000 Mitgliedern und einer Bilanzsumme von 10,6 Millionen Euro im Jahr 2017 zählt sie zu den größten Bürgerbeteiligungs-Genossenschaften Deutschlands.

Gemeinwohl statt Gewinnmaximierung, die Projekte von Oekogeno zeigen, dass sich dieses Ziel mit Kreativität und Ideenreichtum erreichen und gleichzeitig solide wirtschaften lässt. So ­wurde das vergangene Geschäftsjahr mit einem Überschuss von rund 163.000 Euro abgeschlossen – für Vorstand Rainer Schüle ein Beleg dafür, dass es gelungen ist, „die Genossenschaft weiter zu konsolidieren“.

Jüngstes Beispiel ist das inklusive Wohnprojekt im Freiburger Neubaugebiet Gutleutmatten. 24 Menschen leben hier seit April in einer Hausgemeinschaft – junge und alte, mit und ohne Handicap, Familien wie Singles. Finanziert wurde das Projekt mit einem Volumen von fast vier Millionen Euro allein durch Genossenschaftsanteile. 32.000 Euro hoch ist die Pflichteinlage der Bewohner, für alle anderen gilt: Mitglied bei Oekogeno kann man bereits mit einem einzigen Anteil werden. Kostenpunkt: 33,71 Euro.

„Zwar haben die meisten unserer Mitglieder mehrere Anteile, zum Teil im dreistelligen Bereich“, berichtet Oekogeno-Sprecher Thomas Bauer, „aber es gilt, one person, one vote.“ Sprich: Auch mit nur einem Anteil ist man stimmberechtigt. „Politisch interessiert und engagiert“ seien die Mitglieder. „Sie wollen wissen, was mit ihrem Geld passiert. Denn das könnten sie natürlich auch woanders mit höherer Rendite anlegen. Wobei ich unsere mit je nach Laufzeit 2,2 bis 3,2 Prozent Zinsen auch nicht schlecht finde.“

»Wissen, was mit dem Geld passiert«

Hervorgegangen ist Oekogeno aus der Gründungsgenossenschaft der Ökobank, die 1988 in Frankfurt ihre erste Filiale eröffnete. „Nehmt den Banken das Geld weg“, war das Motto, und „kein Geld in die Rüstung“. Anfangs eine große Erfolgsstory, doch die Bank geriet in wirtschaftliche Schieflage und wurde 2003 aufgelöst. Die Kunden übernahm die GLS-Bank, übrig blieb die Genossenschaft, die sich in Oekogeno umbenannte.

Zunächst lag der Fokus auf Solar- und Windfonds. Als sich die Rahmenbedingungen für regenerative Energien verschlechterten, rückte das inklusive Wohnen in in den Vordergrund. Erstes Projekt war die 2013 eröffnete „Vaubanaise“ im Freiburger Stadtteil Vauban, in der 75 Menschen mit und ohne Handicap wohnen. Auch hier ­wurde das Finanzierungsvolumen von fast acht Millionen Euro ohne staatliche Subventionen, alleine durch Genossenschaftsanteile realisiert.

Die Vaubanaise sei ein „Leuchtturmprojekt“, sagt Bauer. „Die Resonanz war so enorm, dass wir uns inzwischen auf inklusive Wohnprojekte konzentrieren.“ Etwa in Kommunen wie ­Waldshut-Tiengen, Furtwangen oder in Ehrenkirchen südlich von Freiburg, wo neben einem genossenschaftlichen Wohnprojekt auch Eigentumswohnungen geplant sind.

Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt in Südbaden, wo 2000 Mitglieder leben und der 30. Geburtstag gefeiert wird. Aber auch Hamburg, Berlin und Frankfurt liegen auf der Oekogeno-Landkarte. Das Motto lautet: „Wie wollen wir eigentlich leben?“

Info:
Vielfalt bereichert – 30 Jahre Oekogeno
16. November, 19.30 Uhr, Forum Merzhausen, mit Tobias Hauser, Gründer der Mundologia, und Julian Heun, dreifacher deutschsprachiger Poetry-Slam-Meister

Foto: © Oekogeno