Jedi ohne Schwert: Die zwei Köpfe der Freiburger Parkour-Szene Szene | 20.07.2021 | Till Neumann
Inspiriert von Jackie Chan: Ruben Schubert.Seit einem Jahr hat Freiburg einen Parkour-Park. Mitkonzipiert haben ihn die zwei aktivsten Freiburger des Trendsports: Daniel Armbrüster (31) und Ruben Schubert (26). Beim Treffen am Redstone-Park erzählen sie von Freiheit, einem Planungsfehler und warum sie mehr Platz benötigen.
Anlage für 82.000 Euro
Halsbrecherische Moves in der Stadt oder im Parkour-Park am Dietenbachsee. Für die zwei durchtrainierten Männer ist das Alltag. Ruben Schubert und Daniel „Dani“ Armbrüster springen über Mauern, machen Salti, fangen sich federweich ab. Schubert demonstriert das am größten Hindernis: Wie ein Raubvogel fliegt er von der drei Meter hohen Mauer – und landet routiniert.
Im Juli 2020 hat das Rathaus die Anlage eröffnet. Kostenpunkt: 82.000 Euro. Seitdem ist Hochbetrieb. Die Kleinen klettern über Hindernisse, die Großen machen Klimmzüge oder feilen an Parkour-Techniken. Oft dabei: Schubert und Armbrüster. Als Dani-Moves“ geben sie Parkours-Kurse für Jung und Alt. 60 Teilnehmer·innen von 7 bis 49 Jahren sind in fünf Kursen am Start.
Fließen wie Wasser
„Es geht darum, Freiheit zu finden – in seinem eigenen Körper“, sagt Armbrüster. „Parkour ist die instinktive Fähigkeit, sich geschmeidig und effizient zu bewegen“, ergänzt
Schubert: „Die Bewegungen müssen fließen wie Wasser.“ Beide sind dem Sport in jungen Jahren verfallen – inspiriert durch Jackie Chan und Star-Wars-Filme. „Ich wollte Salti lernen, nicht als Turner, sondern wie ein Jedi“, erzählt Armbrüster.
Schubert ist schon als Kind überall runtergesprungen. Er ist Sport- und Yogalehrer, Masseur, war früher im Zirkus und arbeitet als Stuntman. Armbrüster ist IT-Administrator und erfahrener Coach. Beide leiten seit rund einer Dekade das Urban-Sports-Training im Haus der Jugend.
In der Regel finden Parkour-Runner ihre Hindernisse in der Stadt. Einen Park zu haben, sei dennoch gut fürs Netzwerk und Training. Glatte Kanten, glatter Boden, viele Möglichkeiten auf wenig Raum. Rund 30 Leute zähle die Freiburger Community, schätzen die beiden. Früher habe es in Freiburg die Saro-Family gegeben – eine WhatsApp-Gruppe der Parkour-Pioniere.
Freiburg ist „richtig hinterher“
Heute sei das für die meisten Fun. Armbrüster und Schubert wollen daraus ihren Beruf machen. Ihr Ziel: Jungen Menschen das Feuer und die Technik vermitteln. Die Anlage sei überfällig gewesen. „Alle hatten ihren Park: die Skater, die Biker, die Disc-Golfer“, sagt Schubert. Freiburg sei auch jetzt noch „richtig hinterher“.
In Karlsruhe gebe es eine große Parkour-Halle, in München fünf Parks. Der Redstone-Park platze aus allen Nähten. Sie wünschen sich daher eine Vergrößerung. Außerdem hoffen sie auf einen zweiten Park aus Holz. Beim Rathaus beißen sie auf Granit: „Die Auslastung der Anlage schätzen wir als gering bis mittel ein“, heißt es dort. Eine Erweiterung sei nicht nötig.
„Eine miese Idee“
Kritisch sehen die zwei den Kiesboden um den Park. „Das war eine miese Idee“, betont Armbrüster. Kids würden die Steine auf die Anlage bringen. Die Verletzungsgefahr steige. Gefährlich sei der Sport dennoch nur bedingt. Nur „Kamikaze-Draufgänger“ seien dauernd verletzt. „Wir bringen den Kids bei, ihre Grenzen zu kennen und sich zu vertrauen“, erklärt Armbrüster. Das Körpergefühl sei entscheidend. Lieber zehn kleine Sprünge als ein zu großer.
Dennoch sei Parkour Extremsport mit dem Ziel, Grenzen zu überwinden. „In Deutschland explodiert das gerade“, sagt Schubert. Übers Netz sehe man Videos und setze sich Challenges. Ihre Idole heißen Pascha the Boss oder „Parkourgott“ Dylan Baker. Stylische Tricks waren früher verpönt, heute aber normal. Die Disziplinen Freerunning, Tricking und Parkour verschmelzen.
Einer der Parkour-Erfinder ist der Franzose Raymond Belle. Er brachte sich die Technik als Soldat für den Vietnamkrieg bei. Sein Sohn David Belle prägte die Bewegung in Paris. Das Kämpferische sehen Schubert und Armbrüster noch immer: Wenn sie im Flow sind, fliegen sie wie Ninjas durch die Gegend. Aber nicht, um andere zu besiegen, denn Parkour kennt keine Wettkämpfe. Puristen sagen daher: Parkour ist kein Sport, sondern kreative Kunst.
Fotos: © Till Neumann