Südbadens Wirtschaft im Abwärtssog – »Zu alt, zu teuer, zu kompliziert, zu schwerfällig« Wirtschaft | 15.03.2025 | David Pister

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Die Wirtschaft in Südbaden bleibt angeschlagen. Die aktuellen Konjunkturumfragen vom Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen in Baden (WVIB) und der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) zeichnen ein düsteres Bild: Die Industrie steht vor massiven Herausforderungen – eine schnelle Erholung ist nicht in Sicht.

Laut der aktuellen WVIB-Konjunktur­umfrage verzeichnete die Industrie 2024 ein Umsatzminus von 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zulieferer der Automobilbranche mussten die stärksten Einbußen hinnehmen. Auch die metallverarbeitenden Betriebe und die Kunststoffbranche kämpfen mit sinkenden Umsätzen und Auftragsrückgängen. Allein die Unternehmen in der Medizintechnik sind beim Geschäftsklima (Saldo aus aktueller Geschäftslage und Geschäftserwartung) minimal im positiven Bereich. Das speist sich aber vor allem aus den gestiegenen Erwartungen, beim Umsatz schreiben auch sie rote Zahlen.

„Alle warten sehnsüchtig auf die Wirtschaftswende, wir können sie noch nicht vermelden“, sagt WVIB-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer. Besonders problematisch seien hohe Standortkosten und bürokratische Hürden. Deutschland sei „zu alt, zu teuer, zu kompliziert, zu schwerfällig“. Rund 75 Prozent der befragten Unternehmen melden eine schlechte Auslastung ihrer Produktionskapazitäten.

Auch die IHK kommt zu ernüchternden Ergebnissen. „Wir laufen sehenden Auges ins dritte Rezessionsjahr“, warnt IHK-Präsident Eberhard Liebherr. Der Konjunkturklimaindex verharrt bei 96 Punkten und bleibt damit im rezessiven Bereich. Besonders besorgniserregend: Die Wirtschaft stagniert seit 2019 – eine Erholung könnte laut Prognosen erst 2026 einsetzen.

Während verschiedene Branchen im Dienstleistungssektor die Lage überwiegend positiv einschätzen, sind Industrie und Bauwirtschaft besonders pessimistisch: Nur elf Prozent der befragten Unternehmen erwarten eine Verbesserung ihrer Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten. 26 Prozent rechnen mit einer weiteren Verschlechterung. Der Fachkräftemangel bleibt ein zentrales Thema, doch inzwischen wächst auch die Sorge um steigende Arbeitslosenzahlen.

Eine unerfreuliche Entwicklung ohne Ende: Nur noch acht Prozent der Unternehmen können sich einen Stellenzuwachs vorstellen – jedes vierte Unternehmen plant, Stellen abzubauen.

Sowohl WVIB als auch IHK sehen erheblichen politischen Handlungsbedarf. In der WVIB-Umfrage forderten 100 Prozent der Unternehmer Steuer­erleichterungen, weniger Bürokratie und schnellere Genehmigungsverfahren. Liebherr mahnt: „Wir müssen Geschäftsmodelle verfolgen, die auf lange Sicht konkurrenzfähig sind, mit deutlich weniger Bürokratie, einer stärkeren Digitalisierung und einer verlässlichen Energiepolitik, die dauerhaft konkurrenzfähige Preise ermöglicht.“ Subventionen hingegen seien keine nachhaltige Lösung für die strukturellen Probleme.

Neben den internen Herausforderungen droht Ärger aus dem Ausland. Die IHK warnt vor den möglichen Folgen neuer US-Strafzölle auf deutsche Exporte. Laut einer aktuellen Umfrage nimmt die Mehrheit der befragten Unternehmen die Drohungen Trumps zwar ernst, zieht aber keine Konsequenzen und gibt an, abzuwarten.
Die südbadische Wirtschaft befindet sich an einem kritischen Punkt. Die
Wirtschaftsverbände sind sich einig: Ohne politische Weichenstellungen in Richtung Standortattraktivität, Steuererleichterungen und Digitalisierung könne die aktuelle Schwächephase länger anhalten als erhofft.

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