Wärme aus der Erde: Kommunen äußern sich zum Geothermie-Projekt der Badenova Politik & Wirtschaft | 13.11.2021 | Pascal Lienhard

Tiefengeothermie Eingrenzung des Aufsuchungsgebiets: Mit einem Helikopter nahm die ­Badenova geophysikalische Messungen vor.

Nicht einmal ein Fünftel: So niedrig war im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg der Anteil erneuerbarer Energien am Wärmeverbrauch. Keine Energiewende ohne Wärmewende. Die Badenova Wärmeplus GmbH & Co. KG will dafür in der Region in großem Stil Tiefengeothermie fördern – in sieben Kommunen. Die Katastrophe in Staufen ist dabei noch nicht vergessen.

Umdenken ist notwendig

320 Quadratkilometer hat die Badenova per Hubschrauber und Hightech untersucht, 60 tragen jetzt den Namen Poten­zialgebiet zur Gewinnung von Erdwärme – sie liegen unter Bad Krozingen und Breisach am Rhein, unter Ehrenkirchen und Freiburg, unter Hartheim, Merdingen und Schallstadt. Dort will die von Klaus Preiser geführte Wärmetochter hydro­thermale Tiefengeothermie nutzen. Dabei wird heißes Wasser in einem geschlossenen Kreislauf aus der Erde nach oben gepumpt, in einem Wärmetauscher abgekühlt und zurück in die Erde transportiert. Preiser frohlockt auf einer Regionalkonferenz Mitte Oktober: „Das Potenzial der Erdwärme ist in menschlichen Dimensionen gerechnet quasi unerschöpflich.“

Wie notwendig ein Umdenken ist, verdeutlicht auf der Konferenz Heiko Hogenmüller, Leiter des Kompetenzzentrums Energie beim Regierungspräsidium Freiburg. Laut ersten Abschätzungen habe der Endenergieverbrauch zur Wärmeerzeugung 2020 in Baden-Württemberg bei 138 Terawattstunden gelegen, der Anteil der erneuerbaren Energien betrug lediglich 15,7 Prozent. Die Geothermie könne hier einen entscheidenden Beitrag leisten. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum betrug der Bruttostromverbrauch nach ersten Abschätzungen 69,2 Terawattstunden, der Anteil der erneuerbaren Energien betrug hier 26,4 Prozent.

Tiefengeothermie

Die Tiefengeothermie endet bei circa 2000 bis 3500 Metern Tiefe. Oben hat das Bohrloch einen Durchmesser von ungefähr 80 Zentimeter.

Grundsätzliches Wohlwollen

Im Potenzialgebiet überwiegt der positive Tenor. Freiburgs Rathaussprecherin Martina Schickle verweist auf Chancen für die CO2-freie Wärmeversorgung. Bevölkerung und Gemeinderat würden das Projekt bislang sehr positiv begleiten. Ähnlich die Einschätzung des Bad Krozinger Bürgermeisterreferenten Mathias Geng: Die Stadt unterstütze das Vorantreiben des Projekts prinzipiell, mit der Tiefengeo­thermie könne die Klimawende regional und mit Wertschöpfung vor Ort vorangetrieben werden.

Auch in Ehrenkirchen sei keine negative Stimmung aus der Bevölkerung wahrzunehmen, so Sabine Lorenz aus dem Bürgermeisterbüro. Der Gemeinderat habe das Thema Tiefengeothermie positiv zur Kenntnis genommen. Der Merdinger Bürgermeister Martin Rupp vermeldet, dass das Projekt begrüßt werde, die Stimmung in der Bevölkerung recht positiv sei. Sebastian Kiss, Bürgermeister von Schallstadt, erkennt eine Neugier in seiner Gemeinde, gleichwohl sei noch nicht auszumachen, wie sich das Vorhaben entwickeln werde.

Negativbeispiele sind nicht vergessen

Doch die Geothermie hat ein Imageproblem. In Staufen haben Bohrungen zu Hebungsrissen geführt. In Basel und Straßburg kam es durch Bohrungen zu Erschütterungen. Nachfragen zur Sicherheit dominieren auch die Wortmeldungen auf der Regionalkonferenz. Ein Teilnehmer stellt etwa die Frage, ob Geothermie in einem Gebiet mit hoher natürlicher Seismizität nicht eine zusätzliche Gefahr mit sich bringe. Auch der Hartheimer Bürgermeister Stefan ­Ostermaier führt die Negativbeispiele an. Deswegen gebe es derzeit auch noch Bedenken in der Gemeinde und der Bevölkerung. Ähnlich argumentiert Oliver Rein, Bürgermeister von Breisach am Rhein. Die Stadt stehe dem Projekt grundsätzlich offen gegenüber und hoffe auf eine klimaneutrale Energiequelle für die Zukunft. Gleichzeitig müssten mögliche Gefahren offengelegt und diskutiert werden.

Frank Schilling, Leiter vom Landesforschungszentrum Geothermie, erläuterte auf der Konferenz die Hintergründe zu Staufen. Nach den dortigen Erfahrungen sei es inzwischen in Baden-Württemberg bei derartigen Vorhaben verboten, den sogenannten Gipskeuper zu durchbohren. In Basel und Straßburg dagegen sei das in Baden-Württemberg nicht zulässige petrothermale Verfahren angewandt worden.

Auch wenn das hydrothermale Verfahren weitaus sicherer als jene in Basel, Straßburg und Staufen sei, bleibe natürlich eine gewisse Skepsis, so Rathaus-Chef Ostermaier aus Hartheim: „Andererseits wissen auch wir, dass zum Erreichen der Klimaziele erneuerbare Wärme- und Energiequellen notwendig sind.“ Ein mögliches Risiko, das eventuell eine einzelne Gemeinde zu tragen habe, müsse sorgsam mit dem Gesamtnutzen abgewogen werden.

Eine andere Sorge spricht Bürgermeister Kiss aus Schallstadt an. In seiner Kommune liege das Potenzialgebiet zu einem großen Teil im Wasserschutzgebiet. Auf diesen Punkt geht Schilling auf der Konferenz ein und erklärt, dass in Baden-Württemberg bei Bohrungen durch mehrere Schutzschichten auf die Sicherheit des Grundwassers geachtet werde.

Offene Kommunikation

Unter Federführung der vom Amt für Umweltschutz der Stadt Freiburg beauftragten „Dialog Basis“ werden Bevölkerung und Politik weiterhin ins Projekt eingebunden. Dies geschieht neben Regionalkonferenzen, einem politischen Begleitkreis und einem Fachbeirat etwa durch einen noch zu gründenden Bürgerrat mit zufällig ausgewählten Bürger·innen.

Durch eine transparente Kommunikation hofft die Badenova, die Kritiker·innen der Tiefengeothermie zu überzeugen. „Wir haben Respekt vor den Ängsten der Menschen“, so Preiser. „Wir setzen uns mit diesen auseinander und wollen transparent informieren.“

Foto & Illustration: © Badenova Wärmeplus GmbH & Co. KG

Kommentar: Badenova setzt bei Geothermie-Projekt auf Transparenz